Gestern veggie, heute homo und morgen weiß man es nicht – Toleranz am Luhe - Gymnasium

„Das ist voll schwul!“

„Gestern veggie, heute homo und morgen weiß man es nicht!“

„Das ist nur eine Phase.“

Wenn Du solche oder ähnliche Sprüche gehört hast, bist Du passiv (oder sogar aktiv) an Diskriminierung von nicht-heterosexuellen Personen beteiligt. Doch wie viele Personen sind wirklich betroffen?

Wenn man davon ausgeht, dass etwa fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung (laut www.jetzt.de) zur LGBTQ+ Community gehören, dann kommt man auf etwa zwei nicht heterosexuelle Schüler/innen in einer Klasse. Dies entspricht ungefähr dem Anteil an Linkshändern/innen, also einer deutlichen Minderheit.

Das Gefühl des „Nicht-Dazu-Gehörens“ führt dazu, dass sich nur wenige zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen. Und zwar nicht ganz unbegründet - mindestens 60% der Nicht-heterosexuellen werden in der Schule mit verbaler oder sogar körperlicher Gewalt konfrontiert, wie eine Umfrage der EU Grundrechteagentur ergab.

Angesichts der Tatsache, dass Homophobie ein alltägliches Problem an Schulen darstellt, werden mittlerweile Schüler/innen im UNESCO-Profil Mensch und Kultur aufgeklärt. Doch die Heteronormativität besteht weiterhin und sollte auch in anderen Fächern thematisiert werden. Dazu gehört auch, wissenschaftliche Untersuchungen erheben und auswerten, sowie entspreche Aufklärungsgespräche im Unterricht führen, um die Schüler/innen zu unterstützen und zeitgleich zu informieren.

Mittlerweile erkennt man eine steigende Tendenz zum Vorgehen gegen Diskriminierung, indem Schüler/innen in ihrem Alltag bewusst Gegenmaßnahmen ergreifen, sobald sie diese Ächtung bemerken, oder aber auch durch die zahlreichen Demonstrationen, die sich für LGBTQ+ stark machen.

Wie sich herausgestellt hat, ist auch bei uns am Luhe-Gymnasium die Toleranz, aber vor allem die Aufklärung der Schüler/innen und der Lehrer sehr unterschiedlich gestreut. Hierzu haben wir aus dem Profil Mensch und Kultur Umfragen in verschiedenen Klassen und auch bei den Lehrern durchgeführt und anschließend ausgewertet. Diese Umfragen ergaben Folgendes:

„Schwul ist nicht cool“ –Was ist los am Luhe-Gymnasium‽

Unsere Motivation

Wir, Schüler*innen des Luhe-Gymnasiums, haben im Rahmen des UNESCO Mensch&Kultur Profils eine Umfrage zum Thema LGBTQ+ an unserer Schule durchgeführt, weil uns interessiert hat, wie die Schüler*innen und Lehrer*innen unser Schule zu diesem Thema stehen. Dafür haben wir zunächst einmal das vorhandene Wissen abgefragt sowie die Selbsteinschätzung zum eigenen Wissen. Es ging aber auch um persönliche Einstellungen und Werthaltungen. Dies steht möglicherweise auch in einer Beziehung zu der Frage, in wie weit man selbst persönliche Kontakte zu LGBTQ+ hat. Zudem war uns wichtig zu erfahren, wie die Befragten die derzeitige Situation von LGBTQ+ in Deutschland einschätzen.

Befragte Personen

Wir haben versucht ein breites Spektrum an Altersgruppen einzufangen und deshalb Schüler*innen aus verschiedenen Klassenstufen befragt (7: 28 SuS,9: 54 SuS,10: 47SuS; insg. 119 SuS) um zu gucken, ob sich die Einstellung und das Wissen mit dem Alter verändert. Die Befragten haben wir nicht nach Geschlechtern differenziert.

Unsere Auswertung: Wir wünschen mehr Toleranz!
Es gibt mehr als nur Homosexualität.

Interessant ist, dass die meisten Schüler*innen durch die Jahrgänge hinweg meinen zu wissen, was Transgender bedeutet, jedoch nicht was Intersexualität ist. Für alle, die es auch nicht wissen: Intersexualität bedeutet Merkmale beider Geschlechter zu besitzen. Diese können sich sowohl auf innere Organe als auch auf äußere Merkmale wie zum Beispiel Brüste oder Genitalien beziehen. Die Zugehörigkeit zu einem der beiden Geschlechter wird über vier Faktoren bestimmt: 1. die Chromosomen, 2. die Keimdrüsen (Gonaden), 3. die Genitalien und 4. die Hormone. Die Ausprägung in einem dieser Bereiche muss nicht immer eindeutig sein.

Immerhin wussten 21% der 7.Klässler*innen nicht, was Transgender bedeutet. Der Begriff „Transgender“ bezeichnet Menschen, deren äußerliche Geschlechtsmerkmale (und damit das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht) nicht mit ihrem gefühlten Geschlecht, dem sogenannten Identitätsgeschlecht, übereinstimmen, das heißt man fühlt sich im falschen Körper.

Ein langer und teurer Weg zur eigenen Identität

In den Ergebnissen auf die Frage, ob die Genehmigung eines neuen Vornamens und der Hormontherapie für Transgender von Therapeuten erteilt werden sollte, unterscheiden sich die 7. Klassen stark von den 9. und 10. Klassen. Von den befragten Schüler*innen der 7. Klassen antworteten 75-80%, dass sie diesen komplizierten Vorgang in Ordnung finden, während hingegen der Großteil der 9. und 10. Klässler*innen tendenziell eher dagegen gestimmt hat. Dieser Vorgang ist langwierig (Wartezeit auf die Therapie + Therapie: ungefähr 2 Jahre) und kostenintensiv (bis ca. 3000€ für die Namensänderung). Dies ist problematisch, da sich mit der Pubertät die bestehenden Geschlechtsmerkmale weiter ausprägen, z.B. das Wachstum der Brüste. Letzteres ist durch auch eine Hormontherapie nicht rückgängig zu machen und bedeutet, dass eine spätere Amputation unvermeidbar ist, welche Risiken mit sich bringt.

Der Großteil der befragten Schülerschaft weiß nicht, ob Personen in ihrem Umfeld nicht heterosexuell sind. Daraus kann man schließen, dass viele Schüler*innen eventuell Angst haben, sich zu outen. Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer Befragung der Berliner Senatsverwaltung [https://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/homosexualitaet-outings-an-der-schule-sind-selten/8499590.html], laut der die Mehrheit der geouteten Jugendlichen homophobe Beschimpfungen über sich ergehen lassen muss. Möglicherweise spielt die Sexualität des Gegenübers aber auch keine Rolle.

Eine Toleranzgrenze zeigt sich auch bei der Frage, ob gleichgeschlechtliche Paare ein Kind adoptieren dürfen. Die 9. Klassen und 10. Klassen zeigen sich als am meisten offen. Mehr als 70% sprechen sich dafür aus. In der 7.Klasse zeigt sich hingegen bei einem guten 1/5 eine tendenzielle Abneigung gegenüber der Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare, was wohl der mangelnden Aufklärung geschuldet ist.

Fazit

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Aufklärung am Luhe-Gymnasium noch verbesserungswürdig ist. Wir würden vorschlagen, schon früher auf das Thema LGBTQ+ aufmerksam zu machen und in den Lehrplan einzubinden.